Hinweis

Für dieses multimediale Reportage-Format nutzen wir neben Texten und Fotos auch Audios und Videos. Daher sollten die Lautsprecher des Systems eingeschaltet sein.

Mit dem Mausrad oder den Pfeiltasten auf der Tastatur wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Durch Wischen wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.

Los geht's

Tag der Archive 2022

Logo https://ndslandesarchiv.pageflow.io/tag-der-archive-2022

Zum Anfang
Aus Anlass des bundesweiten "Tages der Archive" am 5. März 2022 präsentiert das Niedersächsische Landesarchiv diese virtuelle Ausstellung zum Motto des Tages "Fakten, Geschichten, Kurioses".

Anhand von neun Archivalien aus allen Abteilungen des Niedersächsischen Landesarchivs werden Gegenstände präsentiert, die normalerweise nicht in einem Archiv vermutet werden. 

Gezeigt werden auch Stücke, hinter denen sich Geschichten verbergen, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Die Ausstellung soll dazu einladen, sich näher mit den gezeigten Objekten zu beschäftigen.
Zum Anfang
Der vereinfacht als Rasteder Chronik bezeichnete Codex Rastedensis zählt zu den wertvollsten mittelalterlichen Kodizes in der Überlieferung des Niedersächsischen Landesarchivs und weist gleichzeitig eine kuriose, weil eigentümliche Eigenschaft auf: Wurden mittelalterliche Handschriften in der Regel mit Pergament oder Leder umfasst, ist der in der Abteilung Oldenburg überlieferte Kodex in Seehundsfell gebunden.
Zum Anfang

Vollbild
Die Pergament-Handschrift ist im ältesten Kloster des Oldenburger Landes, dem Benediktinerkloster St. Marien in Rastede entstanden. Sie besteht aus fünf zu unterschiedlichen Zeiten und von verschiedenen Schreibern angelegten Teilen, die spätestens im Jahr 1566 zu einem mit Fell vom Seehund bezogenen Kodex zusammengefügt waren: In diesem Jahr teilt der Pastor Radulph Mönnichhusen aus dem in der Wesermarsch gelegenen Eckwarden Graf Anton I. von Oldenburg mit, dass er „woll ehr eine olde Rastedesche Chronica gesehen, mit grauen Bockstaven geschreven und in (…) Salhundes Hut gebunden“ (NLA OL Best. 20 Urk Nr. 1638).

Neben dem Einband sticht insbesondere der erste und sogleich älteste Teil der Handschrift, der sog. Liber vitae, durch seine reiche buchmalerische Ausschmückung hervor. Die Illumination sowie die eingesetzten Illustrationen und weiteren Zierelemente (z. B. Bogenstellung (Arkaden), Rubrizierung) unterstreichen die herausgehobene religiöse Deutung der Handschrift als Abbild des biblisch mehrfach erwähnten „Buch des Lebens“. So diente der Liber vitae der Eintragung von lebenden und verstorbenen Personen und Personengruppen, die durch die klösterliche Gemeinschaft in Rastede liturgisch besonders bedacht wurden (Gebetsverbrüderung bzw. confraternitas).

Schließen
Zum Anfang
Vor fast 300 Jahren wurde dieses Leinsaatgut ad acta gelegt und befindet sich auch heute noch dort. Lein, auch als Flachs bekannt, lieferte bis weit in das 18. Jahrhunderts die wichtigste Pflanzenfaser zur Textilherstellung, Leinen war neben Wolle der Rohstoff für Kleidung schlechthin. Ertragreiches Saatgut war Voraussetzung und Grundlage für eine florierende Leinenmanufaktur, deshalb war das Saatgut aus den baltischen Ländern und Rußland besonders begehrt.

Der Handel mit Leinsamen und Produkten der Leinenmanufaktur wurde von der Obrigkeit streng überwacht. Als im April 1733 der Verdacht aufkam, dass in Leer mit minderwertigem Saatgut gehandelt worden sei, wurde sofort eine Untersuchung eingeleitet.
Zum Anfang

Vollbild
Im April 1733 ging beim Amtmann von Leer eine Beschwerde ein: Der Hauptmann und Kaufmann Conrad Höting verkaufe altes, unbrauchbares Leinsaatgut. Daraufhin fand eine unangekündigte visitationis, also eine Hausdurchsuchung statt, bei der die Beamten aus Leer Proben des vorgefundenen Leinsamens sicherstellten (Tüte links mit ausgeschütteter Leinsaat). Das rechte Tütchen beinhaltet eine Vergleichsprobe von Samen, die ebenfalls aus Riga stammten, und zum Untersuchungszeitpunkt definitiv schon ein Jahr alt waren.

Gutachter wurden hinzugezogen, die dem vorgefundenen Saatgut eine schlechte Qualität bescheinigten. Hauptmann Höting wurde einem Verhör unterzogen: „… ob er nicht erkenne, das solche Saat unnütze, und er die Käufer damit betrogen habe?“. Die Anschuldigung lautete, altes für neues Saatgut verkauft zu haben und auch, altes Saatgut unter neues gemischt zu haben. Höting versicherte, den alten Samen als solchen angeboten und zu einem angemessenen Preis verkauft zu haben. Da man ihm nicht das Gegenteil beweisen konnte, verpflichtete man ihn lediglich darauf, einen Eid auf seine Aussage zu leisten.
Schließen
Zum Anfang
Die Suche im Archiv führt oft zu unerwarteten Entdeckungen, meistens inhaltlicher Natur. Ein Zufallsfund, diesmal materieller Art, ereignete sich im Jahre 2020 bei der Reinigung und Neuverpackung einer Handschrift aus dem Bestand des Osnabrücker Ratsgymnasiums (NLA OS Dep 58 d).

Die Handschriftenabteilung geht auf den Bibliotheksfonds zurück, der v.a. auf Betreiben der Gelehrten Friderici, Abeken und Stüve 1816 gegründet und im Laufe des 19. Jahrhunderts regelmäßig angereichert wurde. Den größten Anteil des Fonds bilden geschichtliche und theologische Werke; griechische und lateinische Klassiker, Jurisprudenz, neuere Dichter und Philosophie sind darin aber auch vertreten.

Bei den Handschriften liegt der Schwerpunkt auf Werken zur Geschichte der Osnabrücker Region, aber einzelne stammen auch aus entfernteren Orten. So das Statutenbuch der Stadt Köln aus dem 16. Jahrhundert, eine großformatige Handschrift in starkem und prächtig verziertem Ledereinband mit Schnallen gebunden, die allerdings nicht nur die Statuten der Stadt Köln enthält, sondern weitere Bestimmungen, Verordnungen, Rechnungen usw.
Zum Anfang

Vollbild
Tief zwischen den Seiten, in den Spalten eingeklemmt, wurden bei der Reinigung der Handschrift ein Nagel und vier Münzen entdeckt. Zur Bestimmung der vier Münzen wurde die Expertise des Numismatikers Dr. Sebastian Steinbach eingeholt, der die drei besser erhaltenen Münzen sofort zuordnen konnte:

• Ein einseitiger Heller (Hohlpfennig) der Stadt Köln aus dem 16. Jahrhundert.
• Ein Hohlpfennig aus dem Bistum Minden aus der Zeit Hermanns von Schauenburg (1567-1582). Abgebildet ist das Wappen dieses Bistums (zwei gekreuzte Schlüssel).
• Ein Schüsselpfennig aus der Kurpfalz, geprägt unter Ludwig V. (1508-1544). Das Bild zeigt die Schrift „o L o“ über gespaltenem Schild von Kurpfalz-Main.

Der Erhaltungszustand der vierten Münze lässt keine eindeutige Bestimmung zu, es handelt sich aber um einen Schüsselpfennig mit dreigeteiltem Wappenschild, der ebenfalls aus dem 16. Jahrhundert stammen dürfte.

Da der erste Teil der Handschrift Rechnungssachen beinhaltet, liegt die Vermutung nahe, dass dem Schreiber bei der Rechnungslegung die Münzen aus der Hand gerutscht sind. Dies kann natürlich auch ein paar Jahre später passiert sein, allerdings noch im 16. Jahrhundert – da keine der vier Münzen jünger ist. Dieser Fund wird die Münzsammlungen ergänzen, die in diversen Beständen des Landesarchivs in Osnabrück aufbewahrt werden (NLA OS Slg 20, NLA OS Slg 21, NLA OS Slg 22, NLA OS Dep 104 I).

Schließen
Zum Anfang
„US-Forscher knacken deutschen Geheim-Code“ titelte am 27. Oktober 2011 die Bild-Zeitung. Vorher hatte die New York Times berichtet, andere große Tageszeitungen zogen nach. Was war geschehen? Einem Team amerikanischer Computerkryptografen war es gelungen, eine Handschrift der Universitätsbibliothek Uppsala zu entschlüsseln, deren Chiffre bis dahin als völlig rätselhaft gegolten hatte. Die Schwierigkeiten, die bei der Entschlüsselung überwunden werden mussten, bestanden darin, dass es zwischen den Buchstaben des Textes und den Symbolen der Geheimschrift keine 1-1-Beziehung gab. Allein für das Leerzeichen wurden 26 unterschiedliche Zeichen verwendet. Die Handschrift war nach dem Zweiten Weltkrieg aus Ostberlin nach Uppsala verkauft worden, aber schon längst wussten interessierte Forscher/innen, dass eine identische Handschrift und weitere Unterlagen derselben Herkunft im Niedersächsischen Landesarchiv, in Wolfenbüttel, aufbewahrt wurden.
Zum Anfang

Vollbild
Ein braunschweigischer Geheimrat hatte 1776 ein versiegeltes Kästchen im fürstlichen Archiv in Wolfenbüttel deponiert – mit der Erklärung, der Inhalt betreffe den Okulistenorden und das Kästchen dürfe ohne herzogliche Genehmigung nicht geöffnet werden. Kurz vor dem Ende der Monarchie, 1918, gelang es dem Archivvorstand, die herzogliche Genehmigung zu erhalten.

In dem Kästchen befanden sich Medaillons, Kokarden, Schurze, Brillen, Zangen, ein Vergrößerungsglas und das aus Elfenbein gefertigte Modell eines aufklappbaren Auges. Außerdem die genannte Handschrift und weitere Texte.

Mit Hilfe der Computerkryptografie konnte jetzt das Ritualbuch einer Geheimgesellschaft, die Mitte des 18. Jahrhunderts in Berlin und Wolfenbüttel bestanden hatte, lesbar gemacht werden. Diese Gesellschaft, in der gleichberechtigt adlige Männer und Frauen Mitglieder waren, hatte sich die Aufklärung, das Augenöffnen im übertragenen Sinne, zum Ziel gesetzt. In ihre Gedankenwelt führt der „Codex copiale“ ein.
Schließen
Zum Anfang
Das Jahr 1932 prägten in ganz Deutschland Straßenschlachten zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten. Auch Buxtehude blieb von der politischen Gewalt der letzten Krise der Weimarer Republik nicht verschont. In der Nacht vom 10. auf den 11. November 1932, als die Gaststätten anlässlich des Martinimarkts besonders gut besucht waren, kam es dort zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der beiden verfeindeten politischen Lager.

Die Streitigkeiten begannen mit gegenseitigen Provokationen und Pöbeleien zwischen Anhängern von KPD und NSDAP am Rande des Markttreibens, und eskalierten, als Kommunisten Scheiben eines Stammlokals der örtlichen SA einschlugen. Bei den darauffolgenden Auseinandersetzungen kam es neben Schlägereien auch zum Einsatz von Knüppeln, sowie eines Taschenmessers mit einer etwa 7 cm langen Klinge. Mit diesem fügte der Kommunist Jakob Freudenthal den SA-Leuten Jensen und Fölser Stichverletzungen am Kopf zu.

Die Tatwaffe sowie drei blutige Taschentücher Freudenthals wurden von der Polizei beschlagnahmt und sind als Beweismittel zu den Verfahrensakten ebenfalls in den Besitz des Landesarchivs gelangt.

Zum Anfang

Ein abgebrochenes Strafverfahren

Vollbild
Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung – so lauteten die Delikte, wegen der die Staatsanwaltschaft Stade infolge des Vorfalls ermittelte. Die neun Beschuldigten waren ausschließlich Kommunisten, von denen sieben verhaftet wurden.

Dadurch, dass sich der Vorfall auf offener Straße und an einem Festtag ereignete, gab es besonders viele Zeugen. Trotzdem leugnete der Hauptbeschuldigte Jakob Freudenthal zunächst in der Vernehmung durch die Polizei, überhaupt etwas von gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Nacht des 10. Novembers mitbekommen zu haben – obwohl sein noch blutiges Messer und die Taschentücher bereits beschlagnahmt worden waren. Die Akte enthält ausführliche Protokolle zu den Vernehmungen der Angeschuldigten und der Zeugen in Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Die Anklageschrift kann wegen der Fülle an Zeugenaussagen detailreich die mutmaßlichen Ereignisse darstellen.

Trotz dieser Beweislage endete das Verfahren mit der Freilassung Freudenthals und seiner Mitangeklagten. Das Verfahren wurde infolge der Amnestie des Reichspräsidenten für politische Straftaten vom 20. Dezember 1932 ohne Urteil eingestellt.

Schließen
Zum Anfang
Der Glaube an die Existenz von Geistern und die Möglichkeit, diese zu eigenen Zwecken zu beschwören, war auch im Zeitalter der Aufklärung noch nicht völlig verschwunden. Dies zeigt ein Fall aus Hannover: Im März 1732 wollte eine Gruppe um eine Witwe, einen Theologiestudenten, einen Wanderlehrer und zwei Soldaten im Keller eines Hauses in der Osterstraße einen weiblichen Geist namens Aziel beschwören, damit dieser ihnen einen Schatz offenbare. Dazu wurde in beiden Räumen ein Kreis mit jeweils einem Dreieck in der Mitte gezeichnet, umgeben von lateinischen Inschriften aus dem Johannesevangelium sowie einigen hebräischen Wörtern und magischen Symbolen. Auf einen Tisch wurden Kerzen aufgestellt, darunter ein geweihtes Licht aus der katholischen Kirche. Die beiden Gelehrten lasen Psalmen aus der Bibel leise sowie eine lateinische Beschwörungsformel laut vor. Um sich Mut zu machen, tranken sie reichlich Branntwein.
Zum Anfang

Vollbild
Nach mehreren vergeblichen Versuchen gab die Gruppe das Unterfangen auf, da kein Geist erschien. Die somit missglückte „Schatzgräberey“ hat offenbar einen der Soldaten, der auch noch der Schwiegersohn der Witwe war, sehr verdrossen. Denn sogleich meldete er den Beschwörungsversuch dem städtischen Magistrat. Dieser sah hierin einen Fall von Gotteslästerung und Teufelsanbeterei. Sogleich wurden eine umfassende Untersuchung und ein Prozess gegen vier Hauptbeschuldigte einleitet, dessen Akte die damaligen Vorgänge gut dokumentiert. Die Abzeichnungen der Symbole, die Beschwörungsformel und weitere Beweismittel liegen als Anlagen bei. Das Strafmaß fiel verhältnismäßig gering aus: Mildernde persönliche Umstände, die lange Untersuchungshaft und das dilettantische Vorgehen der Angeklagten führten dazu, dass sie lediglich zu kurzem Arrest, zu einer Geldstrafe oder zu einer Ausweisung aus Hannover verurteilt wurden.
Schließen
Zum Anfang
Das Guinness-Buch der Rekorde ist 1955 tatsächlich als Werbeidee der gleichnamigen irischen Brauerei entstanden. Es sollte Antwort auf Streitfragen geben, wie sie z. B. in Kneipengesprächen entstehen: „Wer ist der schnellste, größte, kleinste …?“ Aus der Buchidee ist eine eigene Firma mit 50 Mitarbeitern geworden, die nicht nur mit den Büchern, sondern auch mit der Registrierung der Rekorde Geld verdient.

Inzwischen umfasst das Buch zahlreiche Rekorde aus vielen verschiedenen Sachgebieten wie Natur, Wissenschaft, Technik, Leistungen, Kunst, Unterhaltung und natürlich Sport. Die Marke „Guiness Buch der Rekorde“ verzeichnet nicht nur die Rekorde im gleichnamigen Buch, sie stellt zugleich Zertifikate aus über die erreichten Rekorde. Dieses Zertifikat über die „leichteste Bierflasche“ der Welt war von großer Bedeutung für die Glasindustrie in Obernkirchen.
Zum Anfang

Vollbild
Die Heye-Glasfabriken Obernkirchen, deren Rekord 1986 ausgezeichnet wurde, gehen auf eine 1799 in Obernkirchen gegründete Glashütte zurück. Die starken Aufwinde am Bückeberg boten damals gute Voraussetzungen für die Feuerungstechnik.

1864 bis 1916 wurde die Hütte vom patriarchalen Unternehmer Friedrich Carl Theodor Heye geleitet. Er setzte sich für die sozialen Belange der Arbeiter ein, behielt aber auch in einem Arbeitskampf der selbstbewussten Glasarbeiter im Jahr 1901 die Oberhand. Eine Folge war der Durchbruch der Automatisierung.

Eine andere Krise brachte 1985 die Eintragung in das Guiness-Buch: Das Vordringen der leichten Plastikflaschen führte zu einer neuen Produktionstechnik, dem Enghals-Blasverfahren. Damit gelang es, das Gewicht einer 0,33 Liter Bierflasche von den üblichen 200 Gramm auf 135 Gramm zu senken. Das Ergebnis war der „Paderborner Snobby“ – und der Eintrag ins Guiness-Buch.
Schließen
Zum Anfang
Am 31. Januar 1736 kurz nach 7.00 Uhr in der Frühe nahm sich der Reeder Laurenz Meiners in Leer das Leben. Die Ehefrau fand ihren sterbenden, heftig blutenden Ehemann im Hinterhof des Hauses. Auf ihre „erbärmlichen“ Hilferufe hin, eilten die Hausknechte herbei, schleppten den Mann in die Küche und holten einen „Chirurgus“, der aber nur noch seinen Tod feststellen konnte.

Der Drost im zuständigen Amt Leerort, Fridag zu Gödens, ordnete eine sofortige Untersuchung an und unterrichtete gleichzeitig den Fürsten Carl Edzard in Aurich. Noch am Vormittag begannen die Beamten mit den Vernehmungen der Witwe, Hausknechte, Verwandten und Repräsentanten der mennonitischen Kirchengemeinde. Am 4. Februar wurde der Bericht - samt Messer - über das Tötungsdelikt an den Fürstenhof in Aurich geschickt. Erstaunlicherweise verblieb das Selbstmordinstrument bei den Akten und überdauerte dort die letzten 300 Jahre.

Doch warum wurde der Vorfall derart akribisch untersucht? Der Tathergang war schnell geklärt: Der „Chirurgus“ bestätigte, dass sich der Reeder mit dem Messer in der rechten Hand sowohl mehrere Adern als auch die Kehle durchtrennt hatte, und dass er wohl noch einige Minuten gelebt hatte. Auch die Blutspuren am Tatort wiesen darauf hin, dass es sich eindeutig um Selbstmord handelte.

Zum Anfang

Vollbild
Die untersuchenden Beamten mussten noch eine weitere Sache klären: Aus welchem Grund hatte sich Laurenz Meiners das Leben genommen? Hatte eine „Verwirrung des Gemüths“, Schwermut oder gar „Melancholey“ die Tat ausgelöst? Dann wäre es der Familie erlaubt gewesen, den Leichnam mit einer `stillen Beerdigung´ zu bestatten, zwar ohne kirchliche Begleitung und bei Dunkelheit, aber immerhin auf dem Kirchhof. Ein vorsätzlicher Selbstmord, ausgeführt bei vollem Bewusstsein, hätte das unmöglich gemacht.

Die Zeugenbefragung ergab, dass der Reeder offensichtlich seit mehreren Wochen an einer immer stärker werdenden „Gemüthsverwirrung“ gelitten hatte, an einer „heftigen Gebrechlichkeit seiner Sinne“, einer „Wahnsinnigkeit und Sinnlosigkeit“. Er hörte Stimmen, fühlte sich vom Satan verfolgt, konnte weder Gnade noch Erlösung in Gott finden. Die Beamten waren letztlich überzeugt, dass Meiners aus einer „Verrückung des Verstandes“ und großen „Melancholey“ heraus gehandelt habe. Und da er vorher ein „christliches und bürgerliches Leben geführet“, empfahlen sie eine „stille Beerdigung“ und retteten damit auch die Ehre und das Ansehen seiner Familie.

Schließen
Zum Anfang
Das Hochmittelalter war eine Zeit des Aufschwungs für viele Städte. Dazu zählte auch Braunschweig, das sich seit dem 9. Jahrhundert an der Oker aus einer Niederungsburg der sächsischen Adelsfamilie der Brunonen entwickelt hatte. Der Welfe Heinrich der Löwe (1129–1195), Herzog von Sachsen und Bayern, wählte Braunschweig im 12. Jahrhundert zu seinem Herrschaftsmittelpunkt und förderte die Stadtentwicklung nach Kräften.

In der Mitte der Stadt lag die Burg, die er nach königlichem Vorbild zwischen 1160 und 1175 zu einer Pfalz ausbauen ließ. Daneben wurde ab 1173 das Stift St. Blasius errichtet.
Wie das Areal zur Zeit des Mittelalters ausgesehen hat, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die älteste zuverlässig erscheinende Ansicht stammt erst aus der Zeit um 1600. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Klappriss. Seine Besonderheit, die ihn zu einem Unikum im deutschen Sprachraum des 16./17. Jahrhunderts macht, liegt in der dreidimensionalen Darstellung.

Zum Anfang

Vollbild
Durch senkrechtes Aufklappen der auf Papierstreifen gezeichneten Fassadenansichten der Gebäude rund um den Burgplatz wird der Klappriss zu einem plastischen Modell. Erst 1977 wurde er in einem Aktenband entdeckt, in dem es um einen Prozess zwischen den welfischen Herzögen der Wolfenbütteler und der Celler Linie geht.

Die Gestalt des Platzes, die Lage von Dom und Burg erscheinen durchaus vertraut, bei genauerer Betrachtung sind aber auch zahlreiche Details erkennbar, die noch bis ins Mittelalter zurückreichen. Allerdings hat der Zeichner keine maßstabsgetreue Architekturzeichnung beabsichtigt. Die Baulichkeiten werden im Grundriss sowie im Aufriss von der Innen- und der Außenseite des Burgplatzes gezeigt.

In der Mitte des Platzes ist als eigenes kleines Klappbild das um 1166 errichtete Standbild des Burglöwen zu sehen, das Herzog Heinrich zum Zeichen seiner Macht und Gerichtsbarkeit hatte errichten lassen. Bis heute ist es das Wahrzeichen der Stadt.

Schließen
Zum Anfang
1| Rasteder Chronik (12. Jh. ff.)
NLA OL Best. 23-1 Ab Nr. 1 M, NLA OL Best. 20 Urk. Nr. 1638

2| Verordnungen wegen der Leinenmanufaktur und des Leinenhandels (1703-1741)
NLA AU Rep. 4 B 2 x Nr. 97 Bd. 2

3| Münzen und Nägel im Rechnungsbuch (16. Jh.)
NLA OS Slg 20 Nr. 206, NLA OS Dep 58 d B IX

4| Codex Copiale (18. Jh.)
NLA WO VI Hs 15 Nr. 143

5| Strafverfahren gg. … wg. Landfriedensbruch und Vergehen gegen das Versammlungsgesetz (1932, 1933)
NLA ST Rep. 171a Stade Nr. 131, NLA ST Rep. 1011 Nr. 1 und 2

6| Kriminalprozess gg. ... wg. abergläubischer Handlungen, Schatzgrabungen und dem Herbeirufen von Geistern (1732)
NLA HA Hann. 72 Hannover, Nr. 289

7| "Leichteste Bierflasche der Welt" der Glasfabrik Heye (Obernkirchen) im Guiness-Buch der Weltrekorde
NLA BU Dep. 58 Acc. 2002/009 Nr. 488

8| Untersuchung des Selbstmordes des Reeders Laurenz Meiners zu Leer (1736, 1737)
NLA AU Rep. 4 B 4 h Nr. 100

9| Klappriss des Braunschweiger Burgplatzes um 1600
NLA WO K 13442
Zum Anfang

Redaktion

Vollbild
Die virtuelle Ausstellung wurde aus Anlass des "Tages der Archive" am 5. März 2022 anhand von Archivalien aus allen Abteilungen des Niedersächsischen Landesarchivs zusammengestellt.

Mit Beiträgen von:
Dr. Stefan Brüdermann, Abteilung Bückeburg (7)
Meike Buck, Abteilung Wolfenbüttel (4, 9)
Dr. Isabelle Guerreau, Abteilung Osnabrück (3)
Dr. Christian Helbich, Abteilung Hannover (6)
Dr. Pia Mecklenfeld, Abteilung Oldenburg (1)
Astrid Parisius, Abteilung Aurich (2, 8)
Jan Seyb, Abteilung Stade (5)

Technische Umsetzung:
Christian Manuel Meyer, Abteilung Zentrale Dienste


Schließen
Zum Anfang
Scrollen, um weiterzulesen Wischen, um weiterzulesen
Wischen, um Text einzublenden